Inklusive Digitalisierung: Barrierefreiheit für die Behördenplattform der saascom

In unserem Projekt für die saascom haben wir die Digitalisierungsplattform civento für barrierefreies Arbeiten optimiert. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie wir die digitale Zugänglichkeit nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verbesserten und optimierten.

Gemeinsam mit der saascom GmbH arbeiteten wir die letzten Monate an einem wichtigen Projekt: Der barrierefreien Gestaltung der civento-Sachbearbeitungskomponente. Ziel war es, die Nutzeroberflächen der Plattform, die vor allem von Sachbearbeiter:innen in Behörden genutzt wird, so neu zu konzipieren, dass sie auch für Nutzer:innen mit Einschränkungen problemlos genutzt werden kann. 

Die saascom GmbH war einer der ersten Kund:innen, die mit dem Thema Barrierefreiheit auf uns zugekommen sind. Unser Kunde hatte sich schon sehr frühzeitig mit den europäischen und nationalen Regelungen zur Barrierefreiheit auseinandergesetzt. Der Startschuss für das Projekt fiel bereits im Oktober 2023 und nach dem bisherigen Projektverlauf zeichnen sich bereits erste erfolgreiche Ergebnisse ab.

Was ist civento?

Nach eigenen Angaben ist civento eine erweiterbare Prozessplattform mit vollständigem Dokumentenmanagement und Zahlungssystemintegration für die individualisierte Vorgangsbearbeitung. Damit bietet die Plattform die Möglichkeit, vielfältige Verwaltungsprozesse zu definieren und ablaufen zu lassen. Dazu gehören typische Antragsprozesse, die durch Bürger:innen sowie Unternehmen in die Wege geleitet werden. Die civento-Plattform ermöglicht es zum Beispiel Bürger:innen, online Anträge zu stellen, wie etwa die Änderung des Fahrzeugkennzeichens, die dann automatisiert in die Vorgangsbearbeitung übernommen werden können.

Die Sachbearbeiter:innen, die die Anträge bearbeiten, nutzen civento als Arbeitsplattform. Unser Kunde, die saascom, beauftragte uns damit, die Benutzeroberfläche der Sachbearbeiter:innen so zu gestalten, dass sie den Anforderungen der EN 301 549 entspricht und dabei ein höchstmögliches Maß an Barrierefreiheit bietet – ein hohes Ziel, das über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgeht.

Projektziele und Herausforderungen

Von Anfang an waren verschiedene Herausforderungen zu bewältigen: Das ursprüngliche Projekt beschränkte sich auf die Erstellung einer Komponentenbibliothek, die die Anforderungen der Barrierefreiheitsrichtlinien in einem höchstmöglichen Maß erfüllen, wobei dies bei einer webbasierten Anwendung dem Niveau AAA gemäß der Klassifikation der WCAG entspricht. Um die Komponenten zukunftssicher zu gestalten, wurde außerdem bereits die Version 2.2 der WCAG berücksichtigt.

Hierbei setzten wir auf Storybook als zentrales Tool für die Entwicklung und Dokumentation der UI-Komponenten. Durch den Einsatz von Storybook konnten wir die einzelnen Bausteine der Plattform effizient entwickeln, isoliert testen und direkt mit dem Kunden abstimmen. Das Tool ermöglichte es uns, jede Komponente interaktiv zu visualisieren und deren Verhalten – beispielsweise bei der Tastaturnavigation – zu prüfen.

Doch im Laufe der Zeit stellten wir fest, dass eine vollständige barrierefreie Umsetzung weit mehr verlangt: neue Ansichten, erweiterte Funktionalitäten und tiefere rechtliche Analysen. Besonders relevant war die rechtliche Komponente. Um sicherzustellen, dass alle behördenspezifischen Anforderungen erfüllt werden, arbeiteten wir eng mit Experten der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg zusammen, die uns bei der Einhaltung der Richtlinien unterstützten. Auf diese Weise konnten wir auch die manchmal kniffligen Fragen, die sich aus den verschiedenen Regulierungen ergeben, lösen und die rechtlichen Anforderungen praxisnah umsetzen.

Vom Klick-Dummy zum Prototyp: Unser Vorgehen im Detail

Der erste Schritt bestand darin, gemeinsam mit dem saascom-Team die grundlegenden Anforderungen zu klären. Um diese genauer zu definieren, wurde zunächst ein Klick-Dummy erstellt, der die ersten möglichen UI-Komponenten abbildete. Auf Basis des Klick-Dummys konnten die Anforderungen präzisiert und anschließend ein detaillierter Projektplan entwickelt werden. In regelmäßigen Meetings alle zwei Wochen wurde der Fortschritt besprochen, um sicherzustellen, dass die Anforderungen des Kunden kontinuierlich berücksichtigt werden.

Das Verhalten der einzelnen Aspekte des Klick-Dummys wurde in wissenschaftlich begleiteten Nutzertests validiert. Ziel hierbei war, dass alle Komponenten barrierefrei gestaltet sind, darunter zählten zum Beispiel Buttons, Textfelder, Dropdown-Menüs, Bilder, Listen und Modalfelder. Weitere Tests hierzu laufen vermutlich noch bis Sommer 2025, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen vollumfänglich erfüllt werden.

Die Anforderungen umfassen beispielsweise eine intuitive Tastaturnavigation, kontraststarke Layouts und die konsistente Darstellung von Informationen. Alle diese Eigenschaften machen es möglich, dass die Vorgangsbearbeitung auch für Menschen mit Einschränkungen leicht zugänglich ist und gleichzeitig auch allen anderen Nutzern die Arbeit mit civento erleichtert wird.

Die Ergebnisse: Ein barrierefreier Prototyp für civento

Der bisherige Stand des Projekts ist ein weit fortgeschrittener, barrierefreier Prototyp, der den hohen AAA-Standard der Barrierefreiheitsrichtlinien erfüllt. Die saascom kann diesen Prototypen als Grundlage nutzen, um die civento-Plattform weiterzuentwickeln und für den praktischen Einsatz vorzubereiten.

Basierend auf den noch fertigzustellenden Prototypen und der mehr als 30 Komponenten umfassenden Bibliothek wird die Plattform aktuell weiterentwickelt und in einer finalen Testphase überprüft, bevor sie vollumfänglich an die Benutzer:innen ausgerollt wird.

Weitere Zusammenarbeit

Wir freuen uns, dass aus diesem Projekt eine langfristige Zusammenarbeit entstanden ist und wir die saascom dabei unterstützen werden, einzelne Aspekte der neuen Anwendung unter UI/UX- und Barrierefreiheitsgesichtspunkten weiter zu konzipieren, zu optimieren und zu prüfen.

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